Grundwissen Grammatik

 

Kleine deutsche Schulgrammatik zum Nachschlagen und Lernen

Starke und schwache Verben

Man unterscheidet:
a) starke Verben*,
b) schwache Verben,
c) schwache Verben mit Änderung des Stammvokals
d) Verben, die sowohl schwach als auch stark konjugiert werden
e) wirklich unregelmäßige Verben

a) Die starken Verben heißen in manchen Grammatiken auch "unregelmäßig*". Sie sind in allen europäischen Sprachen sehr häufig. Man sollte sie stets zuerst lernen!

Sie ändern in den verschiedenen Zeiten - Tempora - ihren Stammvokal und bilden das Partizip II mit der Endung "-en". Für das Präteritum ist "-te" nicht nötig.
ich singe, sie sang, wir sangen, wir haben gesungen
Diese Änderung des Stammvokals bei den starken Verben wird "Ablaut" genannt und ist kennzeichnend für die starken Verben in germanischen Sprachen:
Deutsch: singen, sang, gesungen. Englisch: sing, sang, sung,
Deutsch: fallen, fiel, gefallen. Englisch: fall, fell, fallen;

Im Deutschen kommt bei manchen starken Verben im Präsens in der 2. und 3. Person Singular auch noch ein α) Umlaut oder β) ein e/i-Wechsel (Vokalhebung) hinzu:

α) ich falle, du fällst, er fällt …, ich trage, du trägst , er trägt …, ich stoße, du stößt, er stößt …, ich saufe, du säufst, er säuft …
β) ich gebe, du gibst, er gibt …, ich lese, du liest, er liest …, ich erlösche, du erlischst, er erlischt
Es gibt aber auch starke Verben mit einem E im Infinitiv, bei denen der e/i-Wechsel unterbleibt, z. B. bei heben, bewegen usw.

Wenn bei starken Verben im Präteritum im Stamm ein a, u oder o auftritt, wird dieser Vokal bei der Bildung des Konjunktivs II umgelautet:
Für den Konjunktiv II Präteritum ergeben sich daher die Formen: ich / er fände; wir sängen; sie nähmen

Man kann die starken Verben in Klassen zusammenfassen, die jeweils denselben Vokalwechsel haben:
helfe, halfen, geholfen - sterben, starb, gestorben - werfen, warf, geworfen: e - a - o
geben , gab, gegeben - essen, aß, gegessen - treten, trat, getreten: e - a - e
treiben, trieb, getrieben; schreiben, schrieb, geschrieben; bleiben, blieb, geblieben: ei – ie – ie usw.

Die starken Verben sind also eigentlich nicht "unregelmäßig", sondern folgen ihren eigenen, klassenbezogenen Regeln.
Die Anzahl der starken Verben war früher deutlich größer (ca. 520), heute sind es noch maximal 210.

b) Die schwachen Verben heißen oft auch "regelmäßig*", da ihr Stammvokal in allen Formen gleich bleibt, das Präteritum wird durch Einfügung von -te- gebildet und das Partizip II endet auf -(e)t:

ich lobe, sie lobte, wir lobten, haben gelobt; ich lebe, sie lebte, wir lebten, haben gelebt;
ich arbeite, sie arbeitete, wir arbeiteten, haben gearbeitet

c) Schwache Verben mit Änderung des Stammvokals stehen zwischen starken und schwachen Verben.

Es handelt sich um schwache Verben, denn ihr Partizip II endet auf -t und das Präteritum wird mit "-te" gebildet, aber aber sie haben im Präteritum einen anderen Vokal als im Präsens:

α) Sie zeichnen sich durch einen sogenannten Rückumlaut [e im Infinitiv, a im Indikativ Präteritum und beim Partizip II] aus.
Infinitiv: „brennen“, „kennen“, „nennen“, „rennen“, „senden“, „wenden“
1. Person Singular Präteritum: „brannte“, „kannte“, „nannte“, „rannte“, „sandte“, „[sendete]“„wandte“, „[wendete]“
Der - heute etwas ungebräuchliche - Konjunktiv II (Konjunktiv Präteritum) lautet: „brennte“, „kennte“, „nennte“, „rennte“, „sendete“, „wendete

β) Außerdem gibt es die Verben mit sogenannter Ersatzdehnung denken, bringen. Letztere zeigen im Präteritum bzw. beim Partizip II neben dem Vokalwechsel, vgl. 'Rückumlaut', zusätzlich noch einen Wechsel bei den Konsonanten:  
denken
- dachte bzw. gedacht. bringen - brachte bzw. gebracht
Wenn diese Wortformen den Konjunktiv im Präteritum bilden (Konjunktiv II) , weisen sie gegenüber den Wortformen des Indikativs Präteritum einen Umlaut auf (z. B. dächte, brächte).

d) Schließlich gibt es Verben, die sowohl schwach als auch stark konjugiert werden:

α) Oftmals sind ehemals starke Verben in die Gruppe der schwachen übergetreten, zumindest teilweise:
Früher: er bäckt , er buk, er hat gebacken, heute: er bäckt (er backt), er backte, (schwach) er hat gebacken. (stark)
Früher: er melkt ( er milkt), er molk, er hat gemolken, heute: er melkt, er melkte, er hat gemelkt. (alle Formen schwach)

β) Manchmal gibt es auch starke und schwache Formen nebeneinander, aber mit Bedeutungsunterschieden:
Das Bild hängt / hing / hat gehangen - an der Wand (stark).
Er hängt / hängte / hat gehängt - das Bild an den Haken (schwach).
Der Anblick meines Zeugnisses erschreckt / erschreckte mich / hat mich erschreckt (schwach).
Ich erschrecke / erschrak / bin erschrocken beim Anblick meines Zeugnisses (stark).

Von manchen Verben hat sich nur ein starkes Partizip II erhalten: gebacken, gemahlen, gesalzen

e) Tatsächlich unregelmäßig* sind heute noch etwa sieben Verben:

tun - tat - getan,
sein -
bin, ist, sind, waren, gewesen,
haben - habe,
hast, hat, hatte, hätte, gehabt,
gehen –
ging, gegangen;
stehen –
stand, gestanden;
wissen -
weiß, wusste, wüsste, gewusst;
wollen –
will, wollte;

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* Aus der englischen Grammatik ist der Begriff „irregular verbs“ ins Deutsche eingedrungen. Im Englischen bezeichnet dieser Ausdruck meist alle starken Verben, sodass häufig auch im Deutschen  für die starken Verben der Begriff „unregelmäßig“ verwendet wird. Allerdings sollte dieser Begriff für die tatsächlich „unregelmäßigen“ Verben reserviert bleiben.


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